Bevor ich meine Geschichte, wie ich zu diesem Thema gekommen bin, in einem anderen Post mit euch teile, möchte ich als erstes den Begriff „Transgenerationale Weitergabe“ erklären. Ich bin auf diesen Begriff gestoßen, als ich mich intensiver mit dem Thema ‚Kriegsenkel‘ beschäftigt habe. Meine Mutter hat mich sehr spät geboren und den zweiten Weltkrieg als junges Mädchen erlebt. Daher zähle ich von ihrer Seite aus gesehen zu den Kriegsenkeln. Mich hat vor allem interessiert, wie die Auswirkungen des Krieges das Leben meiner Mutter und auch meins geprägt haben.
Es gibt verschiedene Ansätze und ich beschränke mich hier auf das, was ich damit verbinde, womit ich mich gerade beschäftige und an euch weitergeben möchte.
Ich beziehe mich auf die Erfahrungen, die im zweiten Weltkrieg erlebt wurden, da es für meine Geschichte und meine Aufklärungsarbeit relevant ist. Der Begriff bezieht sich allerdings auf sämtliche traumatische Erfahrungen, die ein Mensch erlebt haben kann.
Transgenerationale Weitergabe
Von transgenerationaler Weitergabe spricht man u.a., wenn Traumata und unterdrückte Schuldverstrickungen, die nicht verarbeitet wurden, an die Folgegeneration(-en) weitergegeben werden. Das geschieht unbewusst und ungewollt.
Wie kann es sich äußern?
Diese folgende Generation spürt permanent, dass irgendetwas im Hintergrund ist, etwas Unausgesprochenes, etwas Diffuses. Wie eine Wolke. Es ist nicht sichtbar, nicht greifbar.
Wie soll man also darüber sprechen oder schreiben, wenn es unsichtbar ist.
Einige empfinden vielleicht eine Traurigkeit, können diese aber nicht zuordnen. Als ob sie nicht zu ihnen gehört.
Viele träumen vielleicht auch einen bestimmten Traum immer wieder, wissen aber gar nicht, woher dieser kommt. Er lässt sich nicht auf ein bewusst erlebtes Geschehen oder auf die Bewältigung von Tageserlebnissen zurückführen.
Manche spüren, dass man bestimmte Themen besser nicht in der Familie anspricht.
Die „übernächste“ Generation
Ich habe während meiner Recherche festgestellt, dass sich auch junge Menschen mit diesem Thema beschäftigen. Sei es, weil sie eine Familie gründen (möchten) und sich damit auseinandersetzen, was sie ihren Kindern für Eltern sein möchten oder weil sie selbst davon betroffen sind, weil in der Familie noch immer nicht über bestimmte Ereignisse und Erfahrungen gesprochen werden kann. Manchmal können sich die Menschen, die den Krieg insbesondere als Kind erlebt haben, im hohen Alter öffnen. Vielleicht funktioniert das besser gegenüber der Enkelgeneration – ein Segen ist es allemal.
Endlich Verständnis
Es geht bei diesem Thema nicht um Schuldzuweisungen. Wichtig finde ich, dass man versteht, warum es so ist und wo es herkommt. Für mich war es so, als ob ich mein Leben jetzt besser verstehe. Warum ich so bin, wie ich bin. Ich habe dadurch ein ganz anderes Verständnis für meine Eltern und Großeltern bekommen und kann Reaktionen, Muster aber auch diese diffuse Wolke besser nachvollziehen.
Gerade in der aktuellen Zeit werden bei vielen Menschen diese unterdrückten Erlebnisse getriggert. Durch die Kriege z.B. in Syrien, Afghanistan und der Ukraine, durch die Geflüchteten, durch Einschränkungen in der Pandemie oder der aktuellen wirtschaftlichen Situation. Wie wichtig und wertvoll ist es da, Zusammenhänge zu erkennen und zu verstehen. In meinen Augen besteht da noch großer Bedarf an Aufklärung.
Wie diese Weitergabe funktioniert und welche Anzeichen auf eine transgenerationale Weitergabe hindeuten werde ich in nächster Zeit weiter beleuchten.
Ich freue mich riesig, wenn ihr in den Kommentaren erzählt, ob ihr von diesem Thema bereits gehört habt. Vielleicht mögt ihr auch von eigenen Erfahrungen erzählen. Ihr könnt mir dazu auch gern eine Mail schicken.
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